„Errare humanum est“ – „[Sich] Irren, ist menschlich“, ist eine Redewendung, die wohl jeder schon einmal gehört oder gelesen hat und die gern im Zusammenhang mit den Themen Fehlerkultur und/oder Vergebung zitiert wird. Nur wenige wissen, dass dieser klassischen Redewendung noch ein „aber“ beigefügt ist: „Errare humanum est, sed in errare perservare diabolicum“, „Irren ist menschlich, aber im Irrtum zu verharren [ist] diabolisch.“

In dieser Form wurde das Zitat u.a. bereits 2015 als Aufhänger gebraucht, um über Fehlerkultur in der Medizin zu diskutieren.

Eine Fehlerkultur setzt Fehler voraus. Dementsprechend ging der Autor hier mit gutem Beispiel voran, indem er das Zitat fälschlicherweise dem römischen Gelehrten Seneca zuschrieb und damit einen Irrtum zementieren half, der schon seit vielen Jahren im Internet kursiert.

Doch dies soll keine altphilologische Abhandlung über lateinische Redewendungen werden. Wer wissen möchte, wie dieses Zitat zustande kam, mag es hier nachlesen.

So kurz diese Redewendung auch sein mag – die Unterscheidung, die darin getroffen wird, erschließt sich jedem Leser intuitiv: „[Sich] Irren“ und „im Irrtum verharren“ sind zwei grundverschiedene Dinge und daher auch vollkommen unterschiedlich zu bewerten. Ersteres gehört zur menschlichen Natur, zum Leben dazu, Letzteres steht dazu in krassem Widerspruch. Das Wort „diabolisch“, leitet sich ab vom griechischen diaballein (διαβάλλειν), was man wortwörtlich mit „durcheinanderwerfen“ übersetzen könnte. Es steht für ein über den Haufen werfen der bestehenden Ordnung, einer Umkehr der Maßstäbe von richtig und falsch, gut und böse. Dementsprechend kann dieses Wort auch die Bedeutung „verwirren“, „verdrehen“ oder auch „entzweien“, „entfremden“ haben.

Das Diabolische begegnet uns bereits im dritten Kapitel der Bibel. Sie wissen schon: Die Sache mit der Schlange und dem Apfel (Die Bibel erwähnt zwar an keiner Stelle, dass es sich um Äpfel handelte. „Apfel“ heißt jedoch, genau wie das „Böse“, auf Latein „malum“ – ein klassisches Teekesselchen. Damit wird vielleicht klar, weshalb christliche Künstler keine Walnüsse gemalt haben, wenn sie die Früchte des Baumes der Erkenntnis darstellten…).

Wichtig ist hier: Die Schlange nötigt den „Apfel“ keineswegs auf, sie stopft ihn dem Menschen auch nicht gewaltsam in den Mund. Stattdessen manipuliert sie die Wahrnehmung des Menschen, verdreht dessen Bezug zur Realität, so dass der Mensch eine Tat für erstrebenswert hält, die ihm letztlich zutiefst schadet. Kommt Ihnen das bekannt vor?

Es sollte Ihnen bekannt vorkommen, denn genau diese Manipulation, dieses Verdrehen der Wahrnehmung haben wir in den letzten Jahren am Beispiel der Coronapolitik und hier ganz besonders der „Impf“kampagne beobachten können: Viele Menschen hielten subjektiv etwas (die Spritze) für sinnvoll und gut, das sich jedoch nun, objektiv betrachtet, als unsinnig und schädlich erweist, wie wir an den zahlreichen Meldungen erkennen können, die mittlerweile auch den Mainstream erreicht haben.

Auch in anderen Bereichen wurde Einiges durcheinander, um nicht zu sagen: über den Haufen geworfen. Vor Corona bedurfte es eines Attests, um nachzuweisen, dass man das regelmäßige Tragen von Masken vertrug.

Nach Corona wurden alle Menschen ab dem Schulkindalter zum Maskentragen verdonnert und benötigten ärztliche Atteste, wenn sie sich diesem Zwang, aus gesundheitlichen Gründen, entziehen wollten.

Vor Corona galt ein symptomloser Mensch als gesund, nach Corona dagegen, sofern ungetestet, als potentiell tödliches Gesundheitsrisiko für andere. Die Regeln zur Zulassung und Kontrolle von Arzneimitteln, die vor Corona noch galten, wurden nach Corona über den Haufen geworfen. Ebenso erging es der Überzeugung, dass man im Umgang mit gentechnischen Produkten eine gewisse Vorsicht walten lassen müsse. Diese war vor Corona noch gegeben, nach Corona galt Skepsis bezüglich potentiell genverändernden Substanzen geradezu als asoziales Verhalten, dem man u.a. mit Beugehaft meinte begegnen zu müssen.

Die Liste ließe sich noch lange fortsetzen: Polizei, Justiz und Behörden, die sich vor Corona eigentlich noch zur Verhältnismäßigkeit verpflichtet sahen, pfiffen, angesichts der „Pandemie“ auf eben diese. Die institutionalisierte Wissenschaft, die vor Corona doch eigentlich der Wahrheit, oder zumindest einer größtmöglichen Objektivität hätte dienen sollen, biederte sich nun verstärkt den Interessen der Mächtigen an. Ärzten, denen es vor Corona oblag, Krankheiten bei ihren Patienten zu diagnostizieren und zu behandeln, riss Corona diese Kompetenzen aus der Hand und speiste sie stattdessen mit billigen Plastikstäbchen und Genspritzen ab, über deren mögliche Schäden für die Gesundheit viele erst jetzt nach und nach erfahren, da auch die Medien, in ihrer ureigensten Aufgabe, die Bevölkerung umfassend zu informieren, zu oft sträflich versagten.

Sozialverbände, Glaubensgemeinschaften und insbesondere die Kirchen, die sich vor Corona für ein empathisches Miteinander einzusetzen vorgaben, vergaßen inmitten der „Pandemie“ ihre ehernen, zum Teil schon Jahrtausende alten Grundsätze: Sterbende wurden allein gelassen, Kranke nicht besucht, der Umgang mit den Kleinsten unserer Gesellschaft, würde, rein aus biblischer Perspektive, so manchen Mühlstein um den Hals rechtfertigen.

Viele, die sich vor Corona „gläubig“ nannten, ergaben sich nun der Furcht vor dem Tod und ließen sich in ein rein materialistisches, rein diesseitig orientiertes Gedankengefängnis sperren. In diesem zählte nicht mehr das Leben an sich, sondern die Krankheiten, die es – möglicherweise – mit sich brachte. Es galt nicht mehr der Satz: „Ich werde am Du“ (Martin Buber), sondern „Ich werde an Dir krank.“ oder: „Bleib mir vom Leib!“.

Der Mensch, der so sehr auf ein liebevolles Miteinander angewiesen ist, wurde vereinzelt und zum Gefährder der Volksgesundheit stilisiert, sollte er sich nicht damit abfinden, isoliert zu sein.

Den höchsten Preis all dieser Verirrungen und des diabolischen Durcheinanders zahlten die Kinder – und sie zahlen ihn immer noch.

Nimmt man all dies zusammen, wird schnell klar: Corona stellt eine Zäsur dar, wie es sie in der menschlichen Geschichte wohl noch nie gegeben hat – und wir beginnen erst langsam zu realisieren, was das heißt.

Aktuell erleben wir eine sehr surreale Situation. Die schlimmste „Pandemie“ aller Zeiten scheint vorbei – aber nicht ganz. Die fatalen Schäden der Coronapolitik und der vielen anderen menschengemachten Krisen unserer Zeit, beginnen, sich abzuzeichnen – aber noch nicht so umfassend, dass sie von einem Großteil der Bevölkerung wahrgenommen würden. Viele Menschen sind bemüht, wieder in ihr altes Alltagsleben zu finden und sehen nicht, dass die Struktur desselben bereits geplatzt ist wie ein mit Wasser gefüllter Ballon, wo das Wasser noch ganz kurz, für wenige Augenblicke, die Form behält, ehe es zerfließt.

Ausgerechnet in dieser Situation beginnen diejenigen, die am lautesten schweigen sollten, von Vergebung zu sprechen, diese sogar regelrecht einzufordern. Schließlich könne sich jeder einmal irren, und überhaupt: Ist Irren nicht menschlich?

Was diese Damen und Herren vergessen, ist zweierlei: Ein Versöhnungsprozess kann nur dann wirklich stattfinden, wenn die, die an anderen schuldig geworden sind, diese um Vergebung bitten.

Mit dieser Bitte geben sie gleichzeitig das Heft des Handelns vollständig aus der Hand.

In dieser Hinsicht unterwirft sich der um Vergebung Bittende ganz und gar dem freien Willen des Geschädigten. Ob dieser der Bitte dann entspricht oder nicht, ist, meiner Ansicht nach, die freieste (und befreiendste) Entscheidung, die ein Mensch in seinem Leben treffen kann. Als Geschädigter wechselt er so von einer vormals passiven in eine nun vollkommen aktive Rolle, denn: Niemand kann die Entscheidung zu Vergeben erzwingen. Wenn daher prominente Stimmen in Politik und Medien behaupten, dass man vergeben müsse, zeigt dies nur, wie wenig sie von diesem Thema verstanden haben.

Hinzu kommt, dass viele vergessen zu haben scheinen (oder gerne vergessen haben möchten), dass sie in den vergangenen Jahren ein Verhalten an den Tag legten, dass mit einem einfachen Irren nicht zu rechtfertigen ist. Es ist z.B. eine Sache, eine genexperimentelle Injektion zu bewerben, aber eine ganz andere, die Menschen zu diffamieren und auszugrenzen, die sich gegen diese Spritze entscheiden. Hier wurden grundsätzliche Normen des menschlichen Miteinanders in einem Ausmaß über den Haufen geworfen (διαβάλλειν), das jeder Beschreibung spottet. Auch hier stellt Corona eine Zäsur dar. Ein ungezwungenes gesellschaftliches Miteinander scheint in weiten Teilen nicht mehr möglich. Viele Menschen haben das Vertrauen in Politik, Medien und andere öffentliche Einrichtungen verloren – vom Vertrauen in ihre Mitmenschen ganz zu schweigen.

Vor Corona gab es Institutionen, die in Aussöhnungs- bzw. Versöhnungsprozessen eine Vermittlerrolle einnahmen, die von allen Beteiligten akzeptiert werden konnte. Normalerweise kam diese Aufgabe den Gerichten zu, ersatzweise den Glaubensgemeinschaften und Kirchen oder anderen Institutionen öffentlichen Lebens.

Jetzt, drei Jahre nach Corona, zeigt sich, dass sämtliche öffentliche Institutionen so zerrüttet sind (oder wurden), dass ihnen keine glaubhafte Vermittlerrolle mehr zugesprochen werden kann. Das Versagen des Rechtsstaates war zu offensichtlich, die Haltung vieler Institutionen derart menschenverachtend und abstrus, dass sie nicht mehr in der Rolle eines unbeteiligten Dritten erscheinen können.

Von daher ist eine gewisse Skepsis angebracht, wenn es um das Thema Versöhnung geht. Diese mag sich im privaten Rahmen durchaus ereignen, dort wo Menschen gutgläubig übernommen hatten, was sie in den Medien sahen, nun aber erschrocken sind über sich selbst und aufrichtig Reue zeigen.

Auf gesellschaftlicher Ebene jedoch wird ein Versöhnungsprozess durch das derzeitige Verhalten der prominenten Akteure eher erschwert als befördert. Viele ihrer Äußerungen erwecken den Eindruck, sich möglichst gesichtswahrend aus der Affäre ziehen zu wollen, anstatt wirklich zu einer Versöhnung beizutragen. Dieser Schuss kann gewaltig nach hinten losgehen, denn das Zeitfenster zur Versöhnung steht nicht unbegrenzt offen. Je mehr die Schäden der Coronapolitik (und anderer Krisen) ins öffentliche Bewusstsein rücken, desto weniger wird die Bevölkerung bereit sein, zu verzeihen, da ihr das Diabolische des Ganzen langsam aufzugehen beginnt. Noch kann aufrichtige Reue, verbunden mit der (ehrlich gemeinten!) Bitte um Vergebung einen Unterschied machen. In ein paar Monaten ist es vielleicht schon zu spät dazu.

Quelle